Empfehlungen
zur Gestaltung von Bachelor- und Masterstudiengängen für das
Lehramt an weiterführenden Schulen (Berufsschulen, Gesamtschulen und
Gymnasien) im Bereich der Naturwissenschaften und der Mathematik
Angesichts des auch in Zukunft hohen Bedarfs an qualifizierten Forschern
und Technikern ist dem Fachunterricht mit naturwissenschaftlichen Inhalten
an den weiterführenden Schulen ein besonderer Stellenwert beizumessen.
Gerade die Mathematik und die Naturwissenschaften mit ihrem Innovationspotential
sind in einem Land ohne wesentliche natürliche Ressourcen Garanten
für den zukünftigen Wohlstand und die Entwicklung der Gesellschaft.
Die notwendige Qualität ist gerade im Bereich der gymnasialen Oberstufe,
aber auch schon im Sekundarstufenbereich von Berufsschulen und allgemeinbildenden
Schulen nur mit Hilfe fachwissenschaftlich adäquat ausgebildeter Lehrer
zu erreichen. Dies kann und muss eine grundlegende Reform der Lehrerbildung
leisten.
Im Herbst 2001 wurden vom Wissenschaftsrat "Empfehlungen zur zukünftigen
Struktur der Lehrerbildung" herausgegeben, die die Einführung
von Bachelor/Master-Studiengängen auch für das Lehramt empfehlen.
Inzwischen werden in allen Bundesländern Konzepte von Bachelor- und
Masterstudiengängen für das Lehramt diskutiert, entwickelt oder
schon erprobt. Allerdings existiert hierfür kein einheitliches Modell.
Ungeachtet der verschiedenen Modelle und ihrer Realisierungsmöglichkeiten
ist neben der fachwissenschaftlichen Ausbildung dem Aufbau einer sogenannten
Vermittlungskompetenz für alle Studienabschlüsse im Bachelorbereich
eine große Bedeutung zuzumessen.
Um die Kompatibilität der Studiengänge zu gewährleisten,
werden u.a. sog. polyvalente Bachelorabschlüsse eingerichtet, durch
die eine parallele Ausbildung von angehenden Lehrern und Forschern ermöglicht
und gleichzeitig die geforderte Berufsbefähigung des Bachelors sichergestellt
werden kann. Zusätzlich muss den beruflichen Anforderungen eines
Zwei-Fach-Lehrers Rechnung getragen werden. Dies führte in der Vergangenheit
bereits zu einer Vielzahl von divergierenden Studienmodellen, deren Heterogenität
durch die politischen Vorgaben der verschiedenen Bundesländer noch
verstärkt wurde.
Aus diesem Anlass warnen der Mathematisch-Naturwissenschaftliche
Fakultätentag (MNFT), die unterzeichnenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften
und Fachverbände und der Deutsche Verein zur Förderung des mathematischen
und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU) vor einer zu starken Divergenz
im Bereich der Lehrerbildung. Drohenden Fehlentwicklungen ist - wegen ihrer
negativen Langzeitwirkung - dringend entgegenzuwirken. Die derzeit recht
unterschiedlichen Konzepte in den Bundesländern, und dort sogar an
einzelnen Hochschulen, gefährden die Kompatibilität der Lehrerausbildung
und lassen kaum noch einen Wechsel des Studienortes bzw. der Studienfächer
zu. Dies läuft im Hinblick auf die Bologna-Beschlüsse (internationale
Anerkennung der Studienabschlüsse) in eine völlig andere Richtung,
als sie von den Initiatoren gedacht war. Wir mahnen deshalb bundesweit vergleichbare
Abschlüsse im Lehramtsbereich an und fordern die KMK auf, hierzu entsprechende
Empfehlungen zu geben! Insbesondere muss gewährleistet sein, dass
Absolventen eines adäquaten Bachelor/Master-Studiums zum Vorbereitungsdienst
in den Schuldienst aller Bundesländer zugelassen werden können.
Im Gegensatz zu den bisherigen Lehramtsstudiengängen ermöglichen
die polyvalenten Bachelor-/Master-Studiengänge den Studierenden, auf
Veränderungen im Stellenangebot flexibel zu reagieren und in die Fachwissenschaft
oder andere berufliche Bereiche zu wechseln. Um die Chancen einer Umstellung
auf Bachelor-/Masterabschlüsse zu nutzen und um auch in Zukunft die
Versorgung mit gut ausgebildeten Lehrkräften zu gewährleisten,
sollten folgende Eckpunkte berücksichtigt werden:
- Mit der Umstellung der bisherigen Lehramtsausbildung auf das Bachelor-/Master-System
muss ein Gewinn an Qualität in der Ausbildung einhergehen. Ein
Bachelorabschluss allein kann nicht zum Lehramt an Grund-, Haupt-
und Realschulen, Berufsschulen, Gesamtschulen oder Gymnasien befähigen.
Das Ziel eines Lehramtsstudiums muss der Masterabschluss sein,
der als Staatsexamen anerkannt oder diesem gleichgestellt ist.
- Das Bachelorstudium ist so zu konzipieren, dass die erworbene
Fach- und Vermittlungskompetenz auch Tätigkeiten im Berufsleben außerhalb
der Schule zulässt.
- Die politischen Vorgaben sehen den "2-Fach-Lehrer" vor. Diese
Lehrkräfte müssen in den zwei Fächern gleichberechtigt
ausgebildet werden. Im Bereich der Naturwissenschaften, der Mathematik
oder der Informatik bietet sich eine Kombination von zwei Fächern
aus diesem Fächerspektrum an, um damit Synergieeffekte in Lehre und
Praxis auszunutzen und auch die eingangs erwähnte Polyvalenz im Bachelor
zu erreichen.
- Fachwissenschaften sowie Fachdidaktik und Erziehungswissenschaften
müssen im konsekutiven Bachelor-/Master-Studiengang durchgängig
studiert werden.
- Zum Erlangen eines "Bachelor of Science" ist ein Mindestanteil
von 75 Leistungspunkten (entsprechend dem ECTS, incl. der Bachelorarbeit)
in einem der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer notwendig.
- Eine durchgehende Modularisierung des Studiums bietet die Chance, Fachwissenschaft,
Fachdidaktik und Erziehungswissenschaften zu verzahnen und damit dem in
1. genannten Ziel eines Gewinns an Qualität in der Ausbildung der
Lehramtsstudenten Rechnung zu tragen. Dies sollte sowohl im Bachelorstudium
als auch im Masterstudium geschehen, wobei auch theoriegestützte
Schulpraktika als Moduln der Berufsvorbereitung vorgesehen werden sollten.
- Der Bachelorabschluss bietet den Studierenden nicht nur die Chance,
eine Rückmeldung über die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten
zu erhalten, sondern auch ihr Berufsziel zu überdenken und eventuell
- mit Hilfe alternativer Masterprogramme - die Studienrichtung zu wechseln
oder berufsbefähigt die Hochschule zu verlassen. Insbesondere die
Lehramtsstudierenden müssen schon frühzeitig mit dem Berufsfeld
Schule bekanntgemacht werden, um so ihre Eignung für den Lehrerberuf
überprüfen zu können.
- Nachdem die KMK Standards für den erziehungswissenschaftlichen
Anteil der Lehramtsausbildung am 16.12.2004 beschlossen hat, müssen
nun auch Standards als Mindestanforderungen für die fachlichen und
fachdidaktischen Inhalte vereinbart werden. Die gegenwärtige Ausbildung
muss daraufhin überprüft werden, was - für jedes Fach
separat - unverzichtbare fachwissenschaftliche und fachdidaktische Essentials
sind, die den Lehrkräften eine tragfähige Basis für die
Fähigkeit zum lebenslangen Lernen für den Fachunterricht vermitteln.
Es muss sichergestellt werden, dass die fachlichen und fachdidaktischen
Kenntnisse und Fähigkeiten der naturwissenschaftlichen Fachlehrer
gewährleistet und gestärkt werden, um den beruflichen Anforderungen
nachhaltig zu genügen.
- Die Vorteile der flexiblen Moduln in den gestuften Studiengängen
müssen gerade auch für eine rasche Adaption von neuesten Erkenntnissen
genutzt werden. Es sollten in diesem Zusammenhang Modelle entwickelt werden,
die die dringend notwendinge Weiter- und Fortbildung von Lehrkräften
sicherstellen.
- Fachwissenschaften, Fachdidaktik und Erziehungswissenschaften müssen
in der Lehrerausbildung immer wieder ihre Relevanz bezüglich professioneller
Unterrichtspraxis wissenschaftlich reflektieren und die eigene Lehre entsprechend
modifizieren. Eine enge Zusammenarbeit der an der Lehrerausbildung beteiligten
Berufswissenschaften sollte deshalb verbindlich werden.
Im Januar 2005
Prof. Dr. G. Stroth
Mathematisch-Naturwissenschaftlicher
Fakultätentag
(MNFT)
Diese Empfehlungen werden von den folgenden Gesellschaften und Verbänden
mitgetragen:
- Verband deutscher Biologen und biowissenschaftlicher Fachgesellschaften
(vbio)
- Gesellschaft Deutscher Chemiker
(GDCh)
- Deutsche Gesellschaft für Geographie
(DGfG)
- Deutsche Mathematiker-Vereinigung
(DMV)
- Deutsche Physikalische Gesellschaft
(DPG)
- Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik
(GDCP)
- Gesellschaft für Didaktik der Mathematik
(GDM)
- Deutscher Verein zur Förderung des mathematischen
und naturwissenschaftlichen Unterrichts
(MNU)
- Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte
(GDNÄ)
- Deutsche Gesellschaft für Psychologie
(GDPs)
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